Was ist der Mindestlagerbestand
Der Mindestlagerbestand ist die Menge eines Produkts, die immer auf Lager vorhanden sein sollte. Auch wenn keine neuen Bestellungen eingehen, darf dieser Bestand nicht unterschritten werden. Der Mindestlagerbestand dient dazu, Lieferengpässe zu vermeiden und eine kontinuierliche Lieferfähigkeit sicherzustellen. Besonders im E-Commerce, wo Kunden schnelle Lieferzeiten erwarten, ist ein ausreichender Mindestbestand entscheidend.
Oft wird der Mindestlagerbestand auch als Sicherheitsbestand bezeichnet, obwohl es Unterschiede geben kann. Während der Mindestlagerbestand meist eine feste Größe ist, die festgelegt wird, um unter normalen Umständen Puffer zu bieten, kann der Sicherheitsbestand auch dynamisch angepasst werden. Beide Begriffe haben aber ein gemeinsames Ziel: Schutz vor Lieferproblemen.
Warum ist der Mindestlagerbestand wichtig
Ein fehlender Artikel im Lager kann mehr als nur einen verzögerten Versand bedeuten. Kunden, die auf ihre Bestellung warten müssen oder sie gar nicht erhalten, sind oft unzufrieden. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie erneut im Shop bestellen. Gerade Online-Händler, die mit hoher Konkurrenz zu kämpfen haben, können sich solche Fehler kaum leisten.
Der Mindestlagerbestand schützt vor diesen Risiken. Wenn die Nachfrage plötzlich steigt oder es bei Lieferanten zu Verspätungen kommt, sorgt der Bestand dafür, dass Lieferfähigkeit erhalten bleibt. Unternehmen können weiter verkaufen, auch wenn Nachschub nicht sofort verfügbar ist.
Unterschied zwischen Mindestlagerbestand und Sicherheitsbestand
Im Alltag werden die Begriffe oft gleich verwendet. In vielen Fachbüchern und ERP-Systemen wird aber unterschieden. Der Sicherheitsbestand ist meist die Menge, die zusätzlich zum durchschnittlichen Verbrauch vorgehalten wird. Der Mindestlagerbestand kann dagegen auch den Sicherheitsbestand plus eine Mindestmenge für den normalen Betrieb beinhalten.
Manche Unternehmen verwenden nur einen der beiden Begriffe, andere definieren sie getrennt. Wichtig ist in jedem Fall, dass klar ist, welche Mengen zu welchem Zweck vorgehalten werden und wie sie berechnet werden. Eine eindeutige Definition im Unternehmen hilft dabei, Kommunikationsprobleme zwischen Einkauf, Lager und Vertrieb zu vermeiden.
Welche Faktoren beeinflussen den Mindestlagerbestand
Der Mindestlagerbestand hängt von mehreren Faktoren ab. Jeder dieser Faktoren sollte bei der Festlegung berücksichtigt werden, um eine realistische und wirtschaftliche Lagerhaltung zu erreichen.
Ein wichtiger Einfluss ist die Lieferzeit. Je länger ein Lieferant benötigt, um Ware nachzuliefern, desto höher sollte der Bestand sein. Auch die Zuverlässigkeit des Lieferanten spielt eine Rolle. Ein Anbieter, der regelmäßig verspätet liefert, erfordert höhere Sicherheitsreserven.
Ein weiterer Faktor ist die Nachfrage. Produkte, die stark nachgefragt werden oder saisonal hohe Verkäufe haben, brauchen ebenfalls einen höheren Mindestbestand. Zusätzlich sollte die Schwankungsbreite der Nachfrage berücksichtigt werden. Wenn die Verkäufe stark variieren, muss auch das Lager flexibler reagieren können.
Auch die Lagerkosten dürfen nicht vergessen werden. Je höher der Bestand, desto mehr Kapital ist gebunden. Zudem entstehen Kosten für Lagerfläche, Personal und Lagerverwaltung. Deshalb gilt es, einen sinnvollen Kompromiss zwischen Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit zu finden.
Berechnung des Mindestlagerbestands
Es gibt verschiedene Wege, den Mindestlagerbestand zu berechnen. Die einfachste Methode ist eine pauschale Festlegung. Zum Beispiel könnte entschieden werden, dass immer mindestens 100 Stück eines Produkts auf Lager sein sollen. Diese Methode ist unkompliziert, aber nicht sehr flexibel.
Eine genauere Methode ist die Berechnung auf Basis von Verbrauchsdaten. Dabei wird zum Beispiel der durchschnittliche Tagesverbrauch mit der Wiederbeschaffungszeit multipliziert. Zusätzlich wird ein Sicherheitszuschlag berücksichtigt, um Schwankungen auszugleichen. Eine gängige Formel lautet:
Mindestlagerbestand = durchschnittlicher Tagesverbrauch × Wiederbeschaffungszeit (in Tagen) + Sicherheitszuschlag
Ein Beispiel: Wenn ein Produkt im Durchschnitt 20 Mal pro Tag verkauft wird und die Wiederbeschaffung sieben Tage dauert, ergibt das einen Bedarf von 140 Stück. Wird ein Sicherheitszuschlag von 30 % gewählt, ergibt sich ein Mindestbestand von 182 Stück.
Moderne ERP- und Warenwirtschaftssysteme bieten meist eigene Funktionen zur Berechnung an. Diese berücksichtigen historische Daten, Trends und saisonale Schwankungen automatisch. Dennoch ist es wichtig, die Werte regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen.
Welche Rolle spielt die Wiederbeschaffungszeit
Die Wiederbeschaffungszeit, auch Lieferzeit genannt, ist die Zeitspanne zwischen der Bestellung bei einem Lieferanten und dem Eintreffen der Ware im Lager. Sie ist ein zentraler Faktor bei der Bestandsplanung.
Wenn ein Artikel schnell geliefert werden kann, braucht es weniger Puffer. Ein Produkt, das innerhalb von zwei Tagen nachbestellt werden kann, erfordert einen kleineren Mindestbestand als ein Produkt, auf das man drei Wochen warten muss. Längere Lieferzeiten bedeuten also höhere Mindestbestände.
Zusätzlich zur reinen Lieferzeit sollten auch interne Bearbeitungszeiten einbezogen werden. Dazu zählen etwa die Zeit für die Bestellung, die Prüfung der Ware und das Einlagern. Wer diese Zeiten unterschätzt, riskiert Engpässe.
Risiken bei zu niedrigem Mindestlagerbestand
Ist der Mindestbestand zu niedrig angesetzt, kann es zu einem sogenannten Fehlbestand kommen. Das bedeutet, dass ein Produkt nicht auf Lager ist, obwohl es bestellt wurde. Für Kunden ist das frustrierend. Für das Unternehmen bedeutet es meist einen Umsatzverlust und mögliche Schäden für das Image.
Ein weiteres Risiko ist der Verlust von Wettbewerbsfähigkeit. Kunden erwarten im E-Commerce schnelle Lieferung. Wenn ein Konkurrent schneller liefert, wird der Kunde dort kaufen. Wer regelmäßig ausverkauft ist, verliert langfristig Marktanteile.
Auch interne Prozesse können gestört werden. Mitarbeiter müssen improvisieren, Kunden benachrichtigen oder Rückerstattungen abwickeln. Das verursacht zusätzlichen Aufwand und Kosten.
Risiken bei zu hohem Mindestlagerbestand
Ein zu hoher Mindestbestand ist nicht immer besser. Hohe Lagerbestände binden Kapital. Geld, das im Lager liegt, steht nicht für andere Investitionen zur Verfügung. Besonders bei kleinen Unternehmen kann das zu Liquiditätsproblemen führen.
Außerdem entstehen Lagerkosten. Je mehr Artikel auf Lager liegen, desto mehr Platz, Energie und Personal werden benötigt. In manchen Fällen müssen sogar zusätzliche Lagerräume angemietet werden. Das erhöht die Fixkosten.
Ein weiteres Problem ist das Risiko der Veralterung. Produkte können veralten, beschädigt werden oder durch neue Modelle ersetzt werden. Besonders in Branchen mit schnellen Produktzyklen, wie Elektronik oder Mode, kann das zu großen Verlusten führen.
Strategien zum Umgang mit saisonalen Schwankungen
Viele Produkte unterliegen saisonalen Schwankungen. Im Winter werden andere Artikel verkauft als im Sommer. Vor Weihnachten steigt die Nachfrage bei vielen Produkten stark an. In solchen Fällen reicht ein fester Mindestlagerbestand oft nicht aus.
Eine Möglichkeit ist die Anpassung des Mindestbestands je nach Saison. In Zeiten mit hoher Nachfrage wird der Bestand erhöht, danach wieder gesenkt. Diese Strategie erfordert gute Planung und genaue Datenanalyse, ist aber sehr effektiv.
Ein anderes Mittel ist der Einsatz von Prognosetools. Diese analysieren frühere Verkaufszahlen und geben eine Schätzung für die Zukunft ab. So kann der Einkauf frühzeitig reagieren und die richtigen Mengen bestellen. Wichtig ist dabei, die Prognosen regelmäßig auf ihre Genauigkeit hin zu prüfen.
Wie ERP-Systeme beim Mindestlagerbestand helfen
Moderne ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) oder Warenwirtschaftssysteme unterstützen Händler bei der Verwaltung ihrer Lagerbestände. Sie speichern Verkaufsdaten, überwachen den Lagerbestand in Echtzeit und können automatisch Warnungen ausgeben, wenn ein Artikel unter den Mindestlagerbestand fällt.
Ein weiterer Vorteil: ERP-Systeme können Nachbestellungen automatisch auslösen, sobald ein definierter Schwellenwert erreicht ist. So wird verhindert, dass der Lagerbestand versehentlich zu tief sinkt. Zudem ermöglichen sie eine bessere Abstimmung mit Lieferanten, etwa durch automatische Bestellvorschläge.
Gerade für wachsende E-Commerce-Unternehmen ist der Einsatz solcher Systeme sinnvoll. Sie erleichtern den Überblick, sorgen für mehr Transparenz und helfen, Fehler zu vermeiden.
Empfehlungen für die Praxis
Wer seinen Mindestlagerbestand festlegen will, sollte nicht nur auf einfache Faustregeln setzen. Stattdessen lohnt es sich, die eigenen Verkaufszahlen, Lieferzeiten und Kosten genau zu analysieren. Ein guter Startpunkt ist die Auswertung vergangener Verkaufsdaten über mehrere Monate oder Jahre.
Zudem sollten Mindestbestände regelmäßig überprüft werden. Märkte ändern sich, genauso wie Einkaufsbedingungen oder Kundenverhalten. Ein fester Mindestbestand, der vor zwei Jahren sinnvoll war, kann heute zu hoch oder zu niedrig sein.
Auch die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen ist wichtig. Der Einkauf muss wissen, welche Artikel besonders gefragt sind. Das Lager sollte Rückmeldung geben, wenn bestimmte Produkte regelmäßig knapp werden. Und das Marketing kann Hinweise auf bevorstehende Aktionen oder Kampagnen geben, die den Bedarf beeinflussen.
Zusammenfassung
Der Mindestlagerbestand ist ein zentrales Element der Lagerplanung im E-Commerce. Er sorgt dafür, dass Produkte auch in unsicheren Zeiten verfügbar bleiben. Gleichzeitig hilft er, die Balance zwischen Versorgungssicherheit und wirtschaftlicher Lagerhaltung zu halten.
Eine durchdachte Definition des Mindestlagerbestands schützt vor Fehlbeständen und unnötigen Kosten. Dabei spielen Faktoren wie Lieferzeit, Nachfrage, Lagerkosten und saisonale Schwankungen eine wichtige Rolle. Mit Hilfe moderner Systeme und regelmäßiger Analyse können Online-Händler ihren Lagerbestand optimal steuern und ihre Lieferfähigkeit sichern.