Was bedeutet Attribution im E-Commerce

Im E-Commerce beschreibt Attribution den Prozess, bei dem bestimmt wird, welche Marketingkanäle oder -maßnahmen zum Verkauf beigetragen haben. Oft haben Kunden mehrere Kontaktpunkte mit einem Online-Shop, bevor sie ein Produkt kaufen. Attribution versucht zu klären, welcher dieser Kontaktpunkte wie stark an der endgültigen Kaufentscheidung beteiligt war. Es geht also darum, dem richtigen Kanal den richtigen Anteil am Erfolg zuzuweisen.

Warum ist Attribution wichtig

Marketingbudgets sind begrenzt. Unternehmen müssen wissen, welche Kanäle funktionieren und welche nicht. Wenn ein Händler versteht, welchen Beitrag etwa eine Google-Anzeige, ein Instagram-Post oder eine E-Mail-Kampagne zum Umsatz leisten, kann er sein Budget gezielter einsetzen. Attribution hilft, Marketingmaßnahmen objektiv zu bewerten, Streuverluste zu vermeiden und den Return on Investment (ROI) zu erhöhen. Ohne Attribution bleiben viele Entscheidungen im Marketing vage oder basieren auf Bauchgefühl.

Wie funktioniert Attribution

Attribution basiert auf Daten. Diese Daten entstehen, wenn ein Nutzer mit verschiedenen Marketingkanälen interagiert: Er klickt auf eine Anzeige, besucht die Webseite, liest einen Newsletter oder folgt einem Link von einem Affiliate. Diese Berührungspunkte werden „Touchpoints“ genannt. Eine Attributionstechnologie analysiert die Touchpoints und weist ihnen einen Anteil am späteren Kauf zu. Dabei kommt ein sogenanntes Attributionsmodell zum Einsatz. Dieses Modell bestimmt, wie der Umsatz auf die verschiedenen Kanäle verteilt wird.

Was sind Attributionsmodelle

Ein Attributionsmodell ist eine Regel oder ein System, das entscheidet, wie die einzelnen Touchpoints bewertet werden. Es bestimmt also, welcher Kanal wie viel zum Verkauf beigetragen hat. Es gibt verschiedene Modelle, die jeweils unterschiedliche Annahmen darüber treffen, welcher Touchpoint entscheidend war. Diese Modelle lassen sich in einfache (regelbasierte) und komplexe (datenbasierte) Modelle einteilen.

Regelbasierte Attributionsmodelle

Diese Modelle beruhen auf festen Regeln, die vorher definiert wurden. Sie sind einfach zu verstehen und werden häufig in Webanalyse-Tools wie Google Analytics verwendet. Ein Überblick über die bekanntesten regelbasierten Modelle:

Last-Click-Attribution: Der gesamte Umsatz wird dem letzten Touchpoint vor dem Kauf zugeschrieben. Beispiel: Wenn ein Kunde nach mehreren Interaktionen zuletzt über eine Google-Anzeige kauft, wird der gesamte Umsatz dieser Anzeige zugeschrieben.

First-Click-Attribution: Hier bekommt der erste Touchpoint den gesamten Wert. Das Modell geht davon aus, dass der erste Kontakt entscheidend für die spätere Kaufentscheidung war.

Lineare Attribution: Jeder Touchpoint erhält den gleichen Anteil am Umsatz. Wenn ein Kunde drei Kanäle durchläuft, bekommt jeder ein Drittel des Umsatzes.

Zeitverlauf-Modell: Je näher ein Touchpoint am Kauf liegt, desto höher wird sein Anteil gewichtet. Frühere Kontakte bekommen weniger Gewicht.

Positionsbasiertes Modell (U-förmig): Der erste und der letzte Touchpoint erhalten jeweils den größten Anteil (zum Beispiel je 40 %), die restlichen 20 % werden gleichmäßig auf die dazwischenliegenden Touchpoints verteilt.

Vorteile und Nachteile regelbasierter Modelle

Regelbasierte Modelle sind leicht zu implementieren und zu verstehen. Sie bieten eine erste Orientierung und reichen für einfache Analysen oft aus. Doch sie haben Schwächen: Sie berücksichtigen nicht das tatsächliche Nutzerverhalten oder die Wechselwirkungen zwischen den Kanälen. Sie basieren auf Annahmen, die nicht immer zutreffen. Ein Kanal kann stark unterschätzt oder überschätzt werden, je nachdem, welches Modell verwendet wird.

Datengetriebene Attributionsmodelle

Diese Modelle analysieren tatsächliche Nutzerdaten, um den Einfluss der Touchpoints zu ermitteln. Sie verwenden statistische Verfahren oder maschinelles Lernen, um Muster zu erkennen. Dabei wird betrachtet, wie sich das Verhalten von Nutzern mit bestimmten Touchpoints von dem Verhalten anderer Nutzer unterscheidet. Auf dieser Basis wird geschätzt, wie hoch der Beitrag jedes Kanals zum Kauf ist.

Ein solches Modell kann zum Beispiel erkennen, dass Kunden, die eine bestimmte Anzeige sehen, mit höherer Wahrscheinlichkeit kaufen – auch wenn diese Anzeige nicht der letzte Kontaktpunkt war. So lassen sich zum Beispiel auch Wechselwirkungen zwischen Kanälen erfassen.

Vorteile und Herausforderungen datengetriebener Modelle

Datengetriebene Modelle liefern genauere Ergebnisse. Sie basieren auf realem Verhalten und berücksichtigen komplexe Zusammenhänge. Dadurch lassen sich Marketingmaßnahmen effektiver bewerten und optimieren. Gleichzeitig sind sie technisch anspruchsvoll. Sie erfordern große Datenmengen, ein sauberes Tracking und geeignete Rechenmodelle. Zudem sind sie oft schwerer nachvollziehbar als einfache Modelle.

Beispiele für datengetriebene Modelle

Ein bekanntes datengetriebenes Modell ist das von Google Ads verwendete Data-Driven Attribution Model. Es nutzt historische Daten und vergleicht Pfade, die zu einem Kauf führen, mit Pfaden, die nicht zum Kauf führen. Daraus wird abgeleitet, welche Touchpoints besonders wirksam sind.

Auch andere Anbieter, etwa Adobe oder spezialisierte Attributionsplattformen, bieten vergleichbare Modelle. Oft werden dabei sogenannte Shapley-Werte aus der Spieltheorie verwendet. Diese berechnen, wie viel ein einzelner Kanal zum Gesamterfolg beigetragen hat, unter Berücksichtigung aller möglichen Kombinationen von Kanälen.

Multi-Touch Attribution

Der Begriff Multi-Touch Attribution beschreibt die Idee, dass mehrere Kanäle gemeinsam zum Verkauf beitragen — und dass sie deshalb auch gemeinsam bewertet werden sollten. Statt nur dem ersten oder letzten Klick den gesamten Wert zuzuweisen, versucht Multi-Touch Attribution, alle Touchpoints angemessen zu berücksichtigen. Sowohl regelbasierte als auch datengetriebene Modelle können als Multi-Touch-Modelle gestaltet sein.

Multi-Touch Attribution ist besonders im E-Commerce wichtig, weil Kaufentscheidungen oft nicht spontan getroffen werden. Kunden recherchieren, vergleichen und lassen sich durch unterschiedliche Kanäle beeinflussen. Wer nur den letzten Klick betrachtet, verkennt den Beitrag der anderen Touchpoints.

Single-Touch vs. Multi-Touch

Single-Touch-Modelle – wie First-Click oder Last-Click – sind einfach, aber oft ungenau. Sie geben nur einem einzigen Kontaktpunkt den ganzen Wert. Das kann dazu führen, dass wichtige Kanäle übersehen werden. Multi-Touch-Modelle sind komplexer, liefern aber ein vollständigeres Bild. Sie zeigen, wie Kanäle zusammenwirken. So lassen sich Marketingstrategien besser steuern und optimieren.

Technische Voraussetzungen für Attribution

Damit Attribution funktioniert, müssen die einzelnen Touchpoints erfasst werden. Dafür ist ein sauberes Tracking notwendig. Meist kommen dabei Cookies, Tracking-Pixel und URL-Parameter zum Einsatz. Tools wie Google Analytics, Matomo oder spezialisierte Attributionsplattformen sammeln die Daten und ordnen sie den Nutzerpfaden zu.

Darüber hinaus ist es wichtig, dass alle Marketingkanäle korrekt gekennzeichnet sind. UTM-Parameter helfen zum Beispiel, Kampagnen in E-Mails, Social Media oder bezahlter Werbung zu identifizieren. Nur wenn die Daten vollständig und korrekt sind, kann eine Attribution sinnvoll durchgeführt werden.

Herausforderungen in der Praxis

In der Realität ist Attribution oft schwieriger als in der Theorie. Ein Grund ist die zunehmende Einschränkung von Cookies durch Datenschutzbestimmungen. Nutzer können das Tracking blockieren oder ihre Daten anonymisieren. Das erschwert es, vollständige Pfade zu erfassen.

Ein weiteres Problem ist die kanalübergreifende Zuordnung. Kunden wechseln oft zwischen Geräten und Kanälen. Ein Nutzer sieht etwa eine Anzeige auf dem Smartphone, liest später am Laptop einen Newsletter und kauft schließlich über das Tablet. Solche geräteübergreifenden Pfade lassen sich nur schwer eindeutig verfolgen.

Zudem gibt es oft interne Hürden: Verschiedene Abteilungen arbeiten mit unterschiedlichen Datenquellen oder verfolgen eigene Ziele. Das erschwert eine ganzheitliche Betrachtung der Customer Journey.

Attribution in typischen E-Commerce-Szenarien

Betrachten wir ein Beispiel: Eine Kundin sieht eine Instagram-Anzeige für ein Kleid. Sie klickt, schaut sich den Shop an, kauft aber noch nicht. Zwei Tage später erhält sie eine E-Mail mit einem Rabattcode. Diesmal besucht sie die Webseite erneut, klickt sich durch weitere Produkte, legt das Kleid in den Warenkorb – aber kauft noch immer nicht. Erst drei Tage später googelt sie gezielt den Shopnamen, klickt auf eine Suchanzeige und schließt den Kauf ab.

Welcher Kanal war in diesem Fall entscheidend? Die Antwort hängt vom gewählten Attributionsmodell ab. Ein Last-Click-Modell würde nur der Google-Anzeige den Umsatz zuschreiben. Ein datengetriebenes Modell könnte erkennen, dass die Instagram-Anzeige und der Newsletter eine wichtige Rolle gespielt haben – auch wenn der letzte Klick über Google kam.

Wie wählt man das passende Attributionsmodell

Die Wahl des richtigen Modells hängt von mehreren Faktoren ab: Der Komplexität der Customer Journey, den verfügbaren Daten, dem technischen Know-how und den Unternehmenszielen. Kleinere Shops mit wenigen Kanälen kommen oft mit regelbasierten Modellen aus. Bei größeren Unternehmen mit vielen Kampagnen und komplexen Pfaden lohnt sich der Einsatz datengetriebener Modelle.

In der Praxis ist es sinnvoll, verschiedene Modelle zu vergleichen. So lassen sich Unterschiede erkennen und besser verstehen. Einige Tools bieten eine Modellvergleichsfunktion, mit der man simulieren kann, wie sich die Ergebnisse unter verschiedenen Modellen verändern.

Zukunft der Attribution

Durch neue Datenschutzgesetze und technische Veränderungen (zum Beispiel der Wegfall von Third-Party-Cookies) wird Attribution künftig schwieriger. Gleichzeitig steigt der Bedarf an genauer Analyse. Unternehmen werden verstärkt auf modellbasierte Analysen, etwa anhand von Conversion-Lift-Tests oder Server-seitigem Tracking, setzen müssen.

Auch künstliche Intelligenz wird eine größere Rolle spielen. Sie kann komplexe Muster erkennen, alternative Szenarien simulieren und die Attribution an verändertes Nutzerverhalten anpassen. Langfristig wird Attribution damit nicht verschwinden, sondern sich weiterentwickeln – hin zu einem flexibleren, datenschutzkonformen und intelligenteren System.

Zusammenfassung

Attribution ist ein zentrales Werkzeug im E-Commerce, um den Beitrag einzelner Marketingkanäle zum Verkauf zu bewerten. Sie hilft, das Kundenverhalten besser zu verstehen und Budgets effizienter einzusetzen. Es gibt verschiedene Modelle – von einfachen regelbasierten bis hin zu komplexen datengetriebenen Ansätzen. Jedes Modell hat Vor- und Nachteile. Die Wahl hängt von den Zielen, Daten und Möglichkeiten des Unternehmens ab. Trotz technischer und rechtlicher Herausforderungen bleibt Attribution ein unverzichtbarer Bestandteil erfolgreicher Online-Marketing-Strategien.