Was ist ein Ankerpreis
Ein Ankerpreis ist ein ursprünglicher Preis, der beim Verkauf eines Produkts angegeben wird, um einen Rabatt hervorzuheben. Im E-Commerce ist der Ankerpreis ein häufig eingesetztes Mittel, um die Preiswahrnehmung von Kunden zu beeinflussen. Er wird oft neben dem aktuellen Verkaufspreis dargestellt, meist durchgestrichen oder in kleinerer Schrift, und dient dazu, einen direkten Vergleich zu ermöglichen. Der Käufer sieht also, wie viel günstiger das Angebot im Vergleich zum ursprünglichen Preis ist.
Warum Ankerpreise im E-Commerce verwendet werden
Im Online-Handel spielt der Preis eine zentrale Rolle bei der Kaufentscheidung. Kunden haben oft nur wenige Sekunden, um zu entscheiden, ob sie ein Produkt interessant finden. Der Ankerpreis setzt einen Rahmen, mit dem der reduzierte Preis günstiger erscheint, als er objektiv vielleicht ist. Diese Technik basiert auf einem psychologischen Effekt: Menschen neigen dazu, Entscheidungen nicht absolut, sondern relativ zu treffen. Wenn ein Produkt einmal 100 Euro gekostet hat und nun für 60 Euro angeboten wird, wirkt der neue Preis attraktiver, unabhängig davon, ob 60 Euro an sich ein günstiger Preis sind.
Psychologischer Hintergrund des Ankerpreises
Der Begriff „Anker“ stammt aus der Psychologie, genauer aus der Verhaltensökonomie. Beim sogenannten Ankereffekt wird ein Ausgangswert (in diesem Fall der ursprüngliche Preis) als Orientierungspunkt genutzt. Menschen tendieren dazu, sich bei der Bewertung von Informationen an dem zuerst gesehenen Wert zu orientieren. Das gilt auch für Preise.
Ein Beispiel: Wenn ein Kunde ein Paar Schuhe sieht, das ursprünglich 150 Euro gekostet hat und nun für 90 Euro angeboten wird, erscheint ihm der Preis von 90 Euro günstiger, als wenn er das gleiche Paar Schuhe erstmals für 90 Euro sehen würde – ohne den Hinweis auf den ursprünglichen Preis. Der Ankerpreis beeinflusst in diesem Fall die subjektive Einschätzung des Wertes und der Ersparnis.
Herkunft des Ankerpreises
Der Ankerpreis ist keine neue Erfindung. Bereits im stationären Handel wurde er verwendet, etwa durch das Etikettieren von Kleidung mit alten und neuen Preisen. Im E-Commerce ist diese Praxis jedoch besonders sichtbar und leicht umzusetzen. Online-Shops können Preise dynamisch anpassen und jederzeit visuell mit anderen Preisen vergleichen. Durch durchgestrichene Preise, Prozentangaben oder Preisvergleiche mit unverbindlichen Preisempfehlungen (UVP) wird der Ankerpreis klar kommuniziert.
Formen des Ankerpreises
Es gibt verschiedene Formen, wie ein Ankerpreis im Online-Shop dargestellt werden kann. Eine weit verbreitete Variante ist der durchgestrichene Preis, der neben dem aktuellen Preis angezeigt wird. Oft wird dazu auch die Ersparnis in Euro oder Prozent angegeben, um den Effekt zu verstärken.
Ein weiteres Beispiel ist der Vergleich mit der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers. Diese UVP dient als Referenzpreis, auch wenn das Produkt im Online-Handel selten oder nie zu diesem Preis angeboten wurde. Wichtig ist, dass der angegebene Ankerpreis realistisch und nachvollziehbar ist, um Vertrauen beim Kunden zu schaffen.
Rechtliche Grundlagen in Deutschland
Die Verwendung von Ankerpreisen unterliegt in Deutschland rechtlichen Regeln. Händler dürfen nicht einfach irgendeinen Preis als ursprünglichen Preis angeben. Laut Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist irreführende Werbung verboten. Das bedeutet: Der angegebene Ankerpreis muss tatsächlich einmal verlangt worden sein und darf nicht frei erfunden sein.
Ein Beispiel: Wenn ein Online-Shop ein Produkt für 49,99 Euro anbietet und daneben einen durchgestrichenen Preis von 79,99 Euro zeigt, muss dieser höhere Preis in der Vergangenheit tatsächlich verlangt worden sein. War das Produkt nie zu diesem Preis erhältlich, spricht man von einer irreführenden Werbung. Dies kann Abmahnungen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Transparenz und Vertrauen
Für Händler ist es daher wichtig, transparent mit Ankerpreisen umzugehen. Kunden reagieren empfindlich auf Preismanipulation, besonders wenn sie den Eindruck gewinnen, dass Rabatte künstlich erzeugt wurden. Ein korrekter und nachvollziehbarer Ankerpreis kann hingegen das Vertrauen stärken und den Kaufanreiz erhöhen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Wenn ein Shop im Rahmen einer zeitlich begrenzten Aktion echte Rabatte gewährt und dabei den letzten Verkaufspreis als Anker verwendet, wirkt das glaubwürdiger als ein ständig durchgestrichener UVP, der nie tatsächlich verlangt wurde. Auch Hinweise wie „vorheriger Preis“ oder „letzter Verkaufspreis“ erhöhen die Transparenz.
Unterschiede zwischen UVP und tatsächlichem Verkaufspreis
Es ist wichtig, zwischen verschiedenen Arten von Ankerpreisen zu unterscheiden. Einerseits gibt es die UVP, also die vom Hersteller empfohlene Preisempfehlung. Diese kann als Anker dienen, auch wenn der Artikel im Shop nie zu diesem Preis verkauft wurde. Andererseits gibt es den tatsächlichen Verkaufspreis, der in der Vergangenheit im Shop verlangt wurde. Letzterer ist rechtlich weniger problematisch, wenn er korrekt dokumentiert ist.
Händler sollten darauf achten, welche Form sie nutzen und wie lange ein alter Preis als Anker verwendet werden darf. Wenn ein Produkt dauerhaft reduziert angeboten wird, verliert der Ankerpreis an Glaubwürdigkeit. In solchen Fällen kann es sogar irreführend sein, einen früheren Preis weiterhin als Vergleich heranzuziehen.
Anwendungsbeispiele im Online-Handel
Zahlreiche Online-Shops setzen Ankerpreise gezielt ein. Modehändler zeigen den früheren Preis neben dem aktuellen, um Saisonrabatte sichtbar zu machen. Elektronikhändler vergleichen den Angebotspreis mit der UVP des Herstellers. Auch Möbelhäuser nutzen Vergleichspreise, um besondere Aktionen zu bewerben.
Ein Beispiel: Ein Fernseher wird für 499 Euro angeboten, wobei die UVP mit 699 Euro angegeben ist. Zusätzlich steht: „Sie sparen 200 Euro“ oder „-28 %“. Diese Informationen erzeugen beim Kunden den Eindruck eines guten Angebots. Das kann die Kaufentscheidung beschleunigen, besonders wenn zeitlicher Druck durch Hinweise wie „nur heute“ oder „nur solange der Vorrat reicht“ hinzukommt.
Risiken bei der Verwendung von Ankerpreisen
Obwohl Ankerpreise ein wirksames Instrument im Online-Verkauf sind, bergen sie auch Risiken. Wer zu oft oder zu offensichtlich mit durchgestrichenen Preisen wirbt, läuft Gefahr, Kunden zu verärgern oder das Vertrauen zu verlieren. Wenn Rabatte zur Regel werden, sehen Kunden den ursprünglichen Preis nicht mehr als glaubwürdige Grundlage.
Darüber hinaus können Mitbewerber oder Verbraucherschutzorganisationen rechtlich gegen irreführende Preisangaben vorgehen. Besonders problematisch ist es, wenn der Ankerpreis nie tatsächlich verlangt wurde oder wenn Rabatte über längere Zeiträume hinweg als „zeitlich begrenzt“ dargestellt werden.
Strategische Nutzung von Ankerpreisen
Richtig eingesetzt, können Ankerpreise ein wertvolles Werkzeug in der Preisstrategie sein. Sie helfen, Produkte im Vergleich günstiger erscheinen zu lassen und den wahrgenommenen Wert zu erhöhen. Das funktioniert vor allem dann gut, wenn der Kunde das Produkt oder vergleichbare Produkte kennt und den Ankerpreis als realistisch einschätzt.
Eine sinnvolle Strategie ist es, Ankerpreise nur für ausgewählte Artikel und in klar definierten Kampagnen zu nutzen. Dadurch bleiben sie glaubwürdig und wirken überzeugend. Dauerhafte oder flächendeckende Rabatte hingegen können das Preisniveau eines Shops insgesamt negativ beeinflussen und zum sogenannten Preisverfall führen.
Wie Kunden Ankerpreise wahrnehmen
Studien zeigen, dass Kunden stark auf Ankerpreise reagieren. Der erste Preis, den sie sehen, prägt ihre Erwartung. Selbst wenn der tatsächliche Wert des Produkts niedriger ist, beeinflusst der Anker diese Einschätzung nachhaltig. Viele Kunden vergleichen Preise nicht aktiv, sondern verlassen sich auf die präsentierten Informationen.
Das bedeutet jedoch auch, dass falsche oder unrealistische Ankerpreise schnell auffallen können – vor allem bei erfahrenen Online-Käufern. Transparenz, Ehrlichkeit und nachvollziehbare Preisgestaltung sind deshalb entscheidend für die langfristige Kundenbindung.
Technische Umsetzung im Online-Shop
Viele Shop-Systeme bieten Funktionen zur Darstellung von Ankerpreisen. Händler können dort für jedes Produkt einen „alten Preis“ und einen „aktuellen Preis“ definieren. Meist wird der alte Preis automatisch durchgestrichen angezeigt. Zusätzlich lassen sich Rabatthöhen in Prozent oder in Euro berechnen und darstellen.
Professionelle Shopsysteme bieten auch die Möglichkeit, Preisänderungen zu dokumentieren. Das ist wichtig, falls Nachweise über frühere Preise erbracht werden müssen – etwa bei rechtlichen Auseinandersetzungen. Eine automatisierte Preisverlaufsübersicht kann zudem helfen, Preisaktionen strategisch zu planen und ihre Wirkung zu analysieren.
Zusammenfassung
Der Ankerpreis ist ein wichtiges Instrument im E-Commerce, um Rabatte sichtbar zu machen und die Kaufentscheidung zu beeinflussen. Er dient als Referenzwert, an dem sich Kunden orientieren. Durch die richtige Darstellung kann ein Produkt attraktiver erscheinen, ohne dass sich der tatsächliche Preis ändert.
Allerdings müssen gesetzliche Vorgaben beachtet werden. Der Ankerpreis muss realistisch und nachvollziehbar sein. Irreführende Angaben können rechtliche Folgen haben und schaden dem Vertrauen der Kunden. Wer Ankerpreise sinnvoll und transparent einsetzt, kann damit die Wahrnehmung von Angeboten positiv beeinflussen und den Verkauf fördern.